Erste Verhaftungen: 2,2 Millionen Deutsche streiken gegen Zwangsgebühren! Nicht GEZahlt? Immer mehr Deutsche streiken via Bankkonto gegen ARD und ZDF. Doppelt so viele wie 2014, drei Mal so viele wie 2013. Inzwischen müssen ganze Hundertschaften von Gerichtsvollziehern GEZ-Fahnder spielen: Es hagelt Pfändungen, Einträge ins Schuldner-Verzeichnis und »Ventilwächter« am Auto. Für zwei Streikende gab es offenbar bereits »Erzwingungshaft«. Inzwischen werden Gebührenopfer wie Terroristen gesucht: per Schleppnetzfahndung, ohne richterliche Anordnung.
von Markus Mähler / Kopp-Online
Der Zwangsgebührenstreik brachte Petra Timmermann aus Lünen (Nordrhein-Westfalen) offenbar in die »Erzwingungshaft«. Timmermann schreibt auf ihrer Webseite über traumatische Erlebnisse mit dem Gerichtsvollzieher: Sie verweigerte die Vermögensauskunft, wurde deshalb am 9. Dezember von der Polizei abgeholt und saß im Frauengefängnis Gelsenkirchen. Auf der Anklagebank knickte die GEZ-Verweigerin vor der Staatsanwältin ein. Inzwischen zahlt Timmermann.
Von der Verhaftung gibt es einen heimlichen Audio-Mitschnitt. Auf ihrer Seite schildert Timmermann einen weiteren Fall: Am 4. Februar wurde Siglinde Baumert aus Geisa in Sachsen verhaftet. Auch sie war im Zwangsgebührenstreik, auch sie kam in »Erzwingungshaft«. In was für einem Land leben wir eigentlich?
Wofür ARD und ZDF den Gebührennachschlag brauchen
In einem Land, in dem das Geschäft mit Zwangsgebühren blüht und gedeiht: 2014 wurden 600 Millionen Euro mehr aus dem Volk herausgepresst als noch im Jahr davor. Insgesamt flossen 8,3 Milliarden in die Kassen von ARD, ZDF und Deutschlandradio. Ein Allzeitrekord, sogar für öffentlich-rechtliche Verhältnisse.
Und trotzdem schreit man dort nach immer mehr. Für die nächsten vier Jahre meldeten ARD und ZDF einen Mehrbedarf von 3,5 Milliarden. Allein der notorisch klamme, regierungsunkritische WDR rechnet mit einem jährlichen Minus von einer Milliarde Euro – denn noch kostspieliger als Beamte sind pensionierte Beamte.
Das Problem: Man meinte es zu lange zu gut im Pensionärs-Paradies. Die Altersbezüge steigen im selben Maß wie die Bezüge der Mitarbeiter. Allein die Anstalten der ARD müssen inzwischen Pensionsrückstellungen in Höhe von 6,3 Milliarden Euro anhäufen. Und das dicke Ende kommt für die Sender noch, wenn dort die Generation der Baby-Boomer (Höhepunkt 1964) zu Pensionären wird.
GEZ-Vergleich pro Monat: Briten (12,98 Euro), Franzosen (9,66 Euro), Italiener (9,08 Euro)
Schon seit 2013 zahlen alle Deutschen 17,98 Euro pro Monat für etwas, das viele nicht einmal mehr sehen, hören oder klicken wollen. Zahlen müssen sie trotzdem für das teuerste öffentlich-rechtliche Rundfunksystem des Planeten. Mit einer unüberschaubaren Zahl merkwürdiger Spartenkanäle, fünf Chören, vier Big Bands, elf Sender-Orchestern, 64 Radioprogrammen und den schwindelerregend ansteigenden Pensionsrückstellungen.
Was dabei auffällt: Die Einnahmen aus der »geräteunabhängigen« Gebühr steigen (2012: 7,5 Milliarden, 2013: 7,7 Milliarden, 2014: 8,3 Milliarden) – obwohl es immer mehr Zahlungsverweigerer gibt! Nach Hochrechnungen des Tagesspiegel streiken inzwischen 2,2 Millionen Deutsche via Bankkonto – doppelt so viele wie 2014 und drei Mal so viele, seit es das neue Zwangssystem gibt.
Die Bild meldete bereits im Juni 2015: Die Gebühreneinzugs-Behörde kommt mit dem Mahnen nicht mehr hinterher. Das neue System habe einen Anstieg bei den Mahnungen um 41 Prozent gebracht.
Jetzt regieren Gerichtsvollzieher im ganz normalen Zwangsgebührenwahnsinn
Zum Stichtag 31. Dezember 2014 führte der Beitrags»service« 44,5 Millionen Beitragskonten, davon 4,5 Millionen im Mahnstatus und insgesamt 21 Millionen Mahnverfahren. Was passiert aber am Ende der Mahnstufe, wenn trotzdem nicht GEZahlt wird?
Dann ist man dort mit dem Latein am Ende und immer mehr Gerichtsvollzieher müssen die Arbeit der GEZ-Fahnder übernehmen. Der Kuckuck ruft im Zwangsgebührenwald: Kontopfändungen, Sachpfändungen, Eintrag ins Schuldner-Verzeichnis oder ein »Ventilwächter« am Rad, der das Auto des Zahlungsverweigerers lahmlegt. Dazu kommen die Meldungen von »Erzwingungshaft«, wenn Bürger eine Vermögensauskunft verweigern. Es wirkt wie das Instrumentarium von Folterknechten.
Auf der Streckbank liegt ein Volk, das in der Rolle des Gebührenesels immer störrischer wird: 2014 meldete der Beitrags»service« 1,1 Millionen Kunden für die Gerichtsvollzieher. Dazu Joachim Huber im Tagesspiegel: »Und für 2015 spricht die bislang bekannt gewordene Tendenz dafür, dass sich die Zahl der Vollstreckungsersuche im Vergleich mit 2014 nochmals verdoppelt habe, wie Ralf Ludwig, Vorsitzender der Finanzkommission von ARD und ZDF, auf Anfrage sagte. Das wären dann bis zu 2,2 Millionen Vollstreckungsersuchen.«
Das neue Zwangssystem produziert immer mehr Arbeit für Gerichtsvollzieher
2,2 Millionen: Diese explodierende Zahl ist eine Bankrotterklärung für die Akzeptanz des neuen Zwangssystems. Wenn es aber immer mehr Nicht-Zahler gibt, wieso fließen trotzdem immer mehr Gebühren an ARD und ZDF? Weil nach neuen Gebührenopfern gesucht werden darf wie nach Terroristen.
Mit einer Art Schleppnetzfahndung – für die nicht einmal eine richterliche Anordnung nötig ist: dem Meldedatenabgleich. Der Beitrags»service« häuft seit Jahrzehnten einen eigenen Schatz mit Meldedaten an. Seit dem gigantischen Datenabgleich mit den Behörden im Jahr 2013 ist er eine der größten Datenkraken überhaupt. Wer danach auf eines der 8,1 Millionen Anschreiben nicht reagierte, wurde einfach zwangsangemeldet.
Seitdem versucht der Beitrags»service«, das Geld einzutreiben, und gibt fruchtlose Fälle an die Gerichtsvollzieher ab. Inzwischen etwa 2,2 Millionen. Dass immer mehr Justizbeamte immer mehr Zeit als GEZ-Endstufen-Büttel verbringen müssen, spricht auch gegen das neue Zwangssystem.
Für die Vollstrecker gibt es bald noch mehr zu tun. 2018 gibt es den nächsten Datenabgleich. Dabei werden noch mehr neue Beitragszahler entdeckt, von denen auch ein großer Teil bei den Gerichtsvollziehern landen wird.
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http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/enthuellungen/markus-maehler/erste-verhaftungen-2-2-millionen-deutsche-streiken-gegen-zwangsgebuehren.html